Am
Morgen des 18.08. trat das Regiment um halb sechs an und rückte in geschlossener
Halbzugkolonne auf der Metzer Straße vor. In
der Nähe von Mars la Tour fand die Vereinigung des Gardekorps statt. Zwischen
8 und 10 Uhr setzte sich das Gardekorps in Bewegung. Der 1. Garde-Inf. Div.
folgte, durch die Korpsartillerie getrennt, die 2.Garde-Infanterie Division. Als
sich gegen 11 Uhr die Spitze der 2. Garde-Inf.-Division südlich Brunville
befand, erhielt der kommandierende General vom Oberkommando den Befehl, das Korps
bei Berneville zu versammeln. Die 2. Garde-Inf.-Div. marschierte auf Berneville,
die 1.Garde-Inf.-Div. war auf den Marsch nach Habonville. Gegen 12 Uhr hörte
man den ersten Kanonendonner von Berneville, wo das IX. Korps in den Kampf eingetreten
war. Zu diesem Zeitpunkt richtete Prinz Friedrich Karl folgende Worte an das Regiment:
Grenadiere! Ihr werdet heute
unter den Augen Seiner Majestät des Königs kämpfen!
Die
Klänge der Nationalhymne, vermischt mit dem brausenden Hurra der Bataillone
und dem Donner der Kanonen, machten einen feierlichen erhebenden Eindruck und
jeder fühlte, dass eine große Entscheidung bevorstände.
Jetzt erhielt die 2. Garde-Inf.-Div. den Befehl, in nördlicher Richtung
nach Habonville vorzumarschieren. An der Spitze der Div. Marschierte das
Regiment mit dem I.Bat. und Füsilier-Bat. im ersten , dem II. Bat.
im zweiten Treffen. Gegen halb drei wurden die Höhen westlich von
Habonville erreicht. Die erste Garde-Div. stand südlich dieses Ortes.
Die Front der franz.
Stellung war von außerordentlicher Stärke; das größtenteils
von hohen Mauern umgebene und massiv gebaute Dorf St.-Privat bildete den
Kernpunkt der Verteidigung. Marschall Bazaine hatte seinen Truppen die
Stellungen die diese schon am 17. Vormittags eingenommen hatten befohlen
dieselben fortifikatorisch zu verstärken und sie nutzten
diesen Tag vortrefflich. Etagenweise aufgeworfene Schützengraben
für die Infanterie, Kanonen und Mitrailleusen an beherschenden Punkten.
Gegen die Feuerwirkung der franz. Geschütze und Chassepotgewehre,
welche uneingeschränkt das 4000 Schritt breite nach Westen abgeschrägte
Feld beherrschte, konnte der Angreifer nur in den Ortschaften St. Ail
und Ste. Marie einige Deckung finden.
Das dem Gardekorps gegenüberstehende 32000 Mann starke 6. Korps des
Marschall Canrobert war im einzelnen folgendermaßen aufgestellt:
In dem Raume zwichen Roncourt und St. Privat standen die Divisionen la
Font de Villiers und die Brigade Pèchot der Division Tirier; den
letztgenannten Ort sowie das freie Feld westlich und südlich davon
hielt die Division le Bassor-Sorval nebst dem 9.Linien-Regiment der Div.
Bisson und der Brigade de Dais von der Div. Tirier.
Links hatte der Marschall Canrobert Verbindung mit dem 4. Korps, welches
später beim Vorgehen des Gardekprps auf St. Privat durch eine Rechtsschwenkung
in den Kampf gegen das preuß. Korps eingriff. In Bereitschaft östlich
von St. Privat war eine Kavalleriereserve aufgestellt.
So waren im Ganzen etwa 40000 Mann mit 92 Geschützen zu Verteidigung
der sehr starken Stellung verfügbar.
Um 6 Uhr begann
der Vormarsch der deutschen Truppen.
Das
sächsische Korps nach Jarny, das Gardekorps nach Doncourt und Caulre Ferme,
das 9. Korps nach nach St. Marcel. 3. und 10. Korps in Reserve und 8. und 7. Korps
sollte erstmal in den bereits eingenommenen Stelungnen verbleiben.
Es war nach 10 Uhr, als in Folge veränderter Gefechtslage neue Befehle
an die Korps gingen. Das sächsische Korps sollte von Jarny über
Batilly nach St. Marie aux Chenes weiterrücken, die Garde nach Amanvillers,
das 9. Korps nach La Folie.
Wenn diese Orte erreicht seien, sollte gleichzeitig der Angriff auf allen
Punkten erfolgen, durch das 8. und 7.Korps von Gravelotte und dem Bois de Baux
aus. Das 10. und 3. Korps sollten zur Unterstützung des linken Flügels
und des Zentrums auf St. Ail und Verneville nachrücken. Diesen Anordnungen
lag der Gedanke zugrunde das die Sachsen und die garde den rechten französischen
Flügel bei Amanvillers umgehen und denselbenin der Flanke und im Rücken
fassen sollten. Das dieser rechte franz. Flügel sich weit über Amanvillers
hinaus bis nach St. Privat und Roncourt ausdehen war noch nicht bekannt.
Auch wenn die Entscheidung auf dem linken deutschen Flügel fallen
musste, so waren auch die Kämpfe in der Mitte und dem rechten Flügel
der deutschen Aufstellung unbeschreiblich. Besonders das 9. Korps, welches
aus der 18. und 25 Division, Schleswig-Holsteinern und Hessen bestand,
hielt ganz allein mehrere Stunden lang gegen das Feuer und die Angriffe
von drei feindlichen Korps stand, dem Korps Leboeuf bei Leipzig und La
Folie, dem Korps L`Abirault bei Amanvillers, dem Korps Canrobert bei St.
Privat. Auch wenn das letztere dann durch die garde gehörig beschäftigt
war, hatte es dann immer noch die Angriffe des ganzen Korps L`Abmirault
und die des rechten Flügels vom Korps Leboeuf auszuhalten. Die vollständige
Entscheidung aber hier im Zentrum hing mit der Entscheidung auf dem linken
Flügel bei St. Privat zusammen.
Und die Sachsen und noch mehr die Garden hatten eine
wahrlich harten Kampf zu bestehen. Erst gegen Mittag bei Habonville war erkennbar
das sich der rechte französische Flügel weit über Amanvillers und
St. Privat hinaus erstreckte. Als der sächsische Kronprinz Albert von
Sachsen mit seinem Korps bei Batilly ankam, bemerkte auch er diese weite Ausdehnung
der franz. Stellung.
Er beschloß daher, anstatt wie angeordnet war, dem Gardekorps im
zweiten Treffen zu folgen, den Frontalangriff der Garde zu überlassen
und selbst mit seinem Korps gegen Roncourt zu marschieren und den Feind
von dort zu vertreiben, um dessen Stellung bei St. Privat in der Flanke
zu fassen.
So übernahm er die Umgehung, welche ursprünglich beiden Korps
zugedacht war, allein und konnte wenn der Angriff auf St. Privat in der
Front und in der Flanke zugleich ausgeführt wurde, ohne allzu große
Verluste eine glänzende Entscheidung herbeiführen. Doch hing
alles davon ab, ob der Angriff beider Korps ein Gleichzeitiger war, dass
also die Garde nicht vor der Ankunft der Sachsen sich in einen Infanteriekampf
einließ, andererseits die Sachsen bei ihren Umgehungsmarsch keine
zu großen Schwierigkeiten fanden und nicht zu spät eintrafen.
Die
1. Garde-Div. war im Vorrücken auf Ste. Marie welches im weiteren Verlaufe
dem Gegner mit Hilfe der 47. (3.Königl. Sächsischen) Inf.-Brigade entrissen
wurde. Jetzt war für das Regiment Königin die Stunde des Kampfes
gekommen. Um drei Uhr und fünfzehn Minuten erhielt das I. Bataillon den Befehl,
die Bedeckung der großen Artillerielinie des Gardekorps, südlich St.
Ail, zu übernehmen. Es ging mit der 1. und 2. Kompagnie auf den linken
Flügel, mit den beiden anderen auf den rechten Flügel vor. Etwa 1000
bis 600 Schritt vor der Geschützlinie lagen dichte feindliche Schützenschwärme,
welche die Artillerielinie im höchsten Maße belästigten. Um diesen
unbequemen Feind abzuwehren, ging die 3. Komp. vor, drängte den Feind zurück
und hielt die eingenommene Stellung. Gleichzeitig nahm die 4. Komp. teils vor
den Batterien, teils in den Zwischenräumen Stellung. Um zehn Minuten nach
vier kam der Befehl das die 4. Garde-Infanterie-Brigade in der Richtung auf St.
Ail vormarschieren solle. Oberst
Graf v. Waldersee ritt vor die Mitte des Regiments, ermahnte noch einmal, die
Ruhe zu bewahren und unter keinen Umständen zurückzugehen, auch verbot
er strengstens, sich bei Verwundeten aufzuhalten. Prinz Salm, der Kommandeur des
Füsilier-Bat., hielt ungefähr folgende Ansprache:
Der Zufall will
es, dass wir der französichen Garde gegenüberstehen. Wir kämpfen
gegen meinen Todfeind, den Marschall Bazaine. Die größte Freude
würde mir zuteil, wenn ich diesem Sch
. gegenüberstehen
und ihm zurufen könnt: Denkst du an den armen Maximilian? Jeden von
Euch will ich fürstlich belohnen, der mir den Kopf dieses Menschen
bringt, und nun vorwärts mit Gott!
Die Gesamtlage
beim Gardekorps war gegen 5 Uhr nachmittags folgende:
Die 1.Garde-Infanterie-Division stand mit 7 Bataillonen in St. Marie,
mit den übrigen Kräften westlich und südwestlich des Dorfes.
Von der 2. Garde-Infanterie-Division stand die 3. Garde-Infanterie-Brigade
bei Habonville zur Verfügungdes IX. Korps; die 4.Garde-Infanterie-Brigade
war mit Ausnahme des I. Bataillons Regiments Königin bei St.Ail entwickelt.
Die Garde-Artillerie war mit 12 Batterien südlich und nordöstlch
des eben erwähnten Dorfes aufgefahren. Vom Regiment Königin
hatte das Füsilier Bat. den Weg St.Ail Ste. Marie neben dem
zur Artilleriebedeckung verwandten I. Bat. erreicht; dahinter befand sich
das II. Bat. als zweites Treffen.
Die Infanterie sollte erst weiter vorgehen wenn sich die Umgehung des
französischen rechten Flügels bemerkbar machen würde.
Als daher gegen 5 Uhr eine Kampfpause eingetreten war, bemerkte der kommandierende
General des Gardekorps, dass eine Seitwärtsbewegung der französischen
Truppen von Roncourt nach St. Privat hin stattfand, und daß mittlerweile
auch die sächsische Artillerie nördlich Ste. Marie in Tätigkeit
getreten war. Der General wurde hierdurch zu der Annahme verleitet, dass
die Umgehungsbewegung des XII. Korps schon fast vollendet sei. Da er ferner
wünschte, noch vor Abend eine Entscheidung herbeizuführen und
da von dem Vorgehen des Gardekorps auch das des IX. Korps abhing, so befahl
er mit Genehmigung des Oberkommandos den Angriff auf St. Privat.
Die 4. Garde-Infanterie-Brigade ging sodann gegen die Ferme Jerusalem
vor. Eine halbe Stunde später wurde auch von der 1. Garde-Infanterie-Division
die erste Garde-Infanterie-Brigade zum Angriff gegen eine weithin sichtbare
Häusergruppe am Südrand von St. Privat angesetzt. Ihr folgte
auf 600 Schritt das 2. Garde-Regiment.
Von St.Marie , wo die 1. Gardedivision, die vornehmste Truppe Preußens,
ihre schwarz-weißen Fahnen aufgepflanzt, lässt Pape antreten,
zumal er die 2. Division nicht im Stiche lassen darf, die schon vor einer
halben Stund der Ordre folgte. Er darf nicht hinter deren Wagemut zurückbleiben,
so bitter es ihm zum Herzen quoll, als er die 4. Brigade allein über
die Chaussee vorrücken sah.
Eine kurze Galgenfrist ist ihnen vor dem unvermeidlichen Untergang gegeben
da wirbelt der Avanciermarsch und majestätisch rauscht die
Massenwoge auf das freie Feld hinaus. Schon auf 2000m stellen sich durch
ein überaus scharfes Geschützfeuer unerträgliche Verluste
ein. Die schweigsamen Batterien bei St. Privat haben ihre Feuerkraft für
den Infanteriesturm der Garde aufgespart. Zudem geht plötzlich das
Chassepotfeuer mit unerhörter Verzehnfachung nieder.
Es ist als ob mehrere Divisionen hintereinander etagenweise Salven abgeben.
Der Boden bebt, als wolle er bersten, man tritt in die Zerreibungszone
ein. Schon glaubt man ein Wanken, ein Zurückweichen der Angriffslinien
zu erkennen, aber die eiserne altpreußische Zucht hält den
Kopf oben und wenn dies durch reinen Formaldienst geschieht um wieder
Ruhe in die Glieder zu bekommen. Die Luft erzittert, der zischende Luftdruck
lähmt, das Echo der Waldhügel verdoppelt den eintönigen
Singsang, dies unsanft einlullende Wiegenlied des Todes aber die
mahnenden Signalpfeifen werden doch gehört und in stumpfer Ergebung,
wo jede Sekunde die letzte sein kann, bleibt ein Gedanke lebendig und
zwingt selbst Feige in seinen Bann und treibt den zaudernden, rückwärts
hastenden Fuß wieder Vorwärts:
Wo wollt ihr hin? Drüben ist der Feind! Nieder ! Auf!
Nieder! Auf! so durchmaß auch die 1.
Gardedivision ruckweise das Ihr gegebene Todesfeld.
Werden Sie es ganz durchschreiten können, bis an die Mauern von St.
Privat? Dort wo der Stab Canroberts kopfschütteln dies prachtvolle
Schauspiel wie aus der Theaterloge genießt:
Das ist bare blanke Verrücktheit!
- Wollen die sich denn mit Gewalt totschießen lassen? - Da
kommt keiner davon!
Nur der bärbeißige biedere Marschall schweigt und murmelt kaum
hörbar vor sich hin: Welche
Soldaten!
Die 1. Gardedivision Seiner Majestät des Königs von Preußen
bedeckt mit dem Kern ihrer besten Mannschaft, mit fast allen Offizieren,
tot und verwundet den Quadratraum 600-900 Schritt vor St. Privat.
Aber der Boden gehört ihr,
lebend oder tot! Was die Garde
in Besitz nimmt, das lässt sie nimmer los!!!
Für die 4. Garde-Inf.-Brig.
hatte General v. Berger befohlen: Das
Regiment Königin geht auf dem rechten, das Reg. Franz auf dem linken
Flügel gegen die Höhen vor.
Infolgedessen ließ Oberst Graf
v. Waldersee das I. und Füsilier-Bataillon in gleicher Höhe
antreten, das II. Bat. Hinter der Mitte folgen.
Bei dieser Bewegung bfanden sich die 1. und 2. Kp. In der Mitte der vordersten
Linie, rechts schlossen sich die 4. und 3., links die 10. und 11. Kompagnie
an, während die 9. und 12. Kp. vereinigt folgten. Da in dem zu durchschreitenden,
allmählich ansteigenden kahlen Gelände zwei nach der französischen
Stellung hin flach verlaufende muldenartige Vertiefungen eine günstige
gedeckte Annäherung gewährten, so benutzten die beiden vorderen
Bataillone diese bei ihrem Vorgehen und es bildete sich dadurch in der
Mitte eine Lücke in die sich das 2. Bat. schob. Links vom Regiment
schlossen sich die Franzer an. Den
südlich gelegenen Höhenzug bedeckten dichte französische
Schützenschwärme, welche sich in Schützengräben und
hinter Hecken eingenistet hatten. Dem Angreifer blieben nur die Ackerfurchen
als Deckung.
Mit klingendem Spiel und wehenden Fahnen wurde in musterhafter Ordnung
vorgerückt. Die ersten Chassepotkugeln machten sich durch das eigentümliche
klingende Anschlagen an die Bajonette und bald auch durch eintretende
Verluste bemerkbar. Die 3. und 4. Kp. griffen die südlich St. Privat
gelegne Anhöhe von Südwesten her flankierend an, während
links von ihnen die 5., 1. und die 2. Kp. nunmehr fast in einer Linie
auseinandergezogen, frontal gegen jene Anhöhe vorgingen. Dem weiteren
Angriff schlossen sich die anderen Kompagnien an. Auf dem linken Flügel
des Regiments entwickelten sich gegen die Höhen, aus den aüßersten
Auslaäufern der nördlichen Mulde die Füsilier-Kompagnien.
Dem Vorgehen der 3. und 4. Kp. Schlossen sich auch Kompagnien des Alexander-Regiments
an.
In dieser Gliederung gingen die Kompagnien, obwohl von vornherein von
feindlicher Infanterie auf das heftigste beschossen, ohne einen Schuß
zu tun, zuerst ununterbrochen, später sprungweise gegen die Höhen
vor. Zahlreiche Tote und Verwundete zeichneten den Weg der Tapferen.
Oberst Waldersee, der mit kaltblütiger Todesverachtung in der Mitte
seiner Schützen ritt, ließ die vorliegende Bergkuppe unter
Feuer nehmen. Den Kompagnien
des rechten Flügels gab er den Befehl die Anhöhe umfassend anzugreifen.
Während 1. und 2. Kp. daher links schwenkten, ging das II. Bat. in
der Front vor.
Sodan eilte auf das Zeichen von Oberst Waldersee gegebene Zeichen die
ganze Linie im Sturmschritt gegen den Feind. In immer schnellerer Gangart,
zuletzt in vollem Lauf mit schlagenden Tambours, stürmten die Kompagnien
unter lautem Hurra vorwärts und gewannen die Anhöhe!
Dieser Erfolg machte einen sichtbaren Eindruck auf den Feind und es begann
das sich seine dichten Schützenlinien lockerten.
Auch die 3., 4. und 5. Kp. hatten mit großem Verlust die Anhöhe
auf der südlichen Seite erstiegen, während die auf dem linken
Flügel zwischen Plateau und der Chaussee vorgehe Füsiliere allmählich
ebenfalls Gelände gewannen. Hier am Höhenrand kam der Angriff
zum Stehen und es entspann sich ein heftiges Feuergefecht.
Oberst Waldersee die moralische Schwäche des Gegners ausnutzen wollend,
forderte Kavallerie an, die nicht zur Verfügung stand - und so -
ging dieser günstige Moment leider verloren. Die Haltung des Feindes
wurde wieder fester, sein Feuer wirksamer. Die Kompagnien des Regiments
schmolzen in dem Bleihagel sichtbar zusammen. Links hatten die Franzer
gleichen Schritt mit dem Tochterregiment gehalten, nördlich war jedoch
nichts von dem Angriff der 1. Garde-Infanterie-Division bemerkbar. Die
Brigade befand sich, also allein fechtend, in gefährlicher Lage.
Oberst Waldersee ließ in diesem
Moment Artillerie zum Auffahren auf die errungene Höhe anfordern,
um der Stellung mehr Widerstandskraft zu verleihen, also jagte die 2.
schwere Garde-Batterie heran, ihr dicht folgend die 3. leichte Batterie.
Die Lage des Regiments war um diese Zeit umso gefährlicher, als von
Amanvillers her Teile der französischen Division Cissen die blutig
errungene Stellung flankierten und zum Angriff gegen sie vorgingen. Die
feindlichen Truppen, etwa zwei Bataillone stark, hätten sicherlich
einen Erfolg errungen, wenn nicht die Umsicht des ältesten anwesenden
Offiziers (Hauptmann Vogel v. Falckenstein) die durch den Angriff etwas
gelockerten Abteilungen in geschlossene Gruppen zusammengefasst und dem
Feind entgegengeworfen hätte. Die Offiziere der verschiedenen Kompagnien
sammelten schnell was zur Hand war und griffen mit ihren Zügen an.
Abteilungen vom Regiment Alexander, unter der Führung zweier Feldwebel,
hatten sich ebenfalls angeschlossen.
Alle diese Abteilungen nahmen den Feind unter Feuer kräftiges Feuer,
welches besonders auf 250-400 Schritt sehr verherend wirkte. Die Artillerie
wendete sich auch gegen diesen feindlichen Angriff. Hierdurch kam der
Vorstoß ins Stocken und der Kampf ging in ein stehendes Feuergefecht
über.
Mittlerweile hatten sich weiter links fünf Kompagnien des Regiments
im Verein mit der 2. Kp. des Regiments Alexander in den Besitz des westlichen
Höhenrandes gesetzt. Die Füsilier-Kp. und Teile des Regiments
Franz wurden vom Gegner, der immer wieder verstärkt wurde, vom Heckenweg,
südwestlich der Ferme Jerusalem mit starken Feuer überschüttet.
Hauptmann v.Trotha lenkte in Erkenntnis der schwierigen Lage der Füsiliere,
jetzt das Feuer seiner Kompagnien wirksam auf die Flanke der feindlichen
Truppen, welche am Heckenweg waren.
Grenadiere und Füsiliere Regiment Königin und Abteilungen des
Kaiser-Franz-Regiments stürzten sich sodann auf den Feind, - der
- zersprengt auf St. Privat zurückwich und 200 unverwundete Gefangene
zurückließ.
Die Fahnen des I. und II. Bataillons befanden sich während dieses
Kampfes in vorderster Linie und heftigstem Feuer. Erstere getragen von
dem Sergeanten Heip, wurde derartig von einer feindlichen Kugel getroffen,
dass ihre Spitze abgeschossen herunter hing. Die Verluste des Regiments
während dieses Angriffes würden der Vernichtung gleich gekommen
sein, wenn die Franzosen nicht bedeutend zu hoch geschossen und wie einzelne
Offiziere bemerkt zu haben glaubten, die Gewehre von der Hüfte aus
abgeschossen hätte.
Die Stellung wurde gehalten, auch um das Vorgehen der1. Garde-Infanterie-Division
abzuwarten.
Die hierdurch entstandene Gefechtspause wurde zur Neuordnung der Kompanien
benutzt. Vom rechten Flügel aus gerechnet standen die Kompagnien
wie folgt: 3.,4., -- 1.,2.,6.,7 (dahinter rechts gestaffelt, die 5.- später
links neben der 4., und 8.)., 9.,12.,dahinter, in der Mitte die 10. und
11. Kompagnie.
Inzwichen ging der Kampf auf dem restlichen Schlachtfeld weiter. Oberst
v. Waldersee, ein leuchtendes Vorbild für seine Truppe welches er
ihnen zu Pferde gab, wurde schwer verwundet, lehnte es aber ab sich zum
Verbandplatz führen zu lassen und erreichte diesen, unter Aufbietung
aller Kräfte, allein.
Ungefähr 250m vor dem besagten Heckenweg wurde Major Prinz Salm-Salm
zerschmetterte eine Kugel seinen rechten Oberarm, Der Prinz ergriff seinen
Degen nun mit der linken Hand und führte seine Füsiliere weiter
vor. Jedoch wurde er wieder in den bereits verwundeten Arm getropffen,
aber nichts schreckte den Tapferen weiter immer weiter ging es
für den Major bis letztendlich ein dritter Schuß durch die
Brust seinem heldenhaften Siegeslauf ein Ende bereitete. An den geistlichen,
der neben seinem Lager stand, richtete er mit berechender Stimme die Frage:
Haben wir gesiegt?
und erwiderte auf dessen bejahende Antwort: Dann
ist alles gut, trösten Sie meine Frau. Empfehlen Sie mich der Königin
und versichern Sie dieselbe meiner ganzen Hingebung.
So starb Prinz Felix Salm-Salm, ein deutscher Held. Der sehnlichste Wunsch
dem Marschall Bazaine im Kampfe gegenüber zu stehen und Rache für
Mexico nehmen zu können, war ihm am Tage von St. Privat erfüllt,
diese Erfüllung aber leider mit seinem Leben bezahlen müssen.
Die Schützenlinien waren außerordentlich
gelichtet. Das mörderische Feuer des Feindes bewies, daß sein
Mut ungebrochen und ein Sturmversuch in diesem ASugenblick nicht angezeigt
erschien. Major von Behr gab daher den Befehl: "Hinhaltendes
Gefecht in den errungenen Stellungen, bis die Sachsen auf dem linken Flügel
heran sind, dann bricht alles zum gemeinsamen Sturm auf das Dorf los".
Während der geschilderten Kämpfe
hatte die 1. Garde.Infanterie-Division ihren Vormarsch fortgesetzt und
sich mit dem linken Flügel des Kaiser-Franz-Grade-Grenadier-Regiment
in gleiche Höhe gesetzt. Mußte aber aufgrund der Verluste ebenfalls
ihren weiteren Angriff unterbrechen. Musterhaft
war die Haltungder Garde in dieser kritischen Lage, so behauptete das
Garde-Korps in blutigem Kampfe zähe seine Stellungen und man konnte
bis auf die Minute ausrechnen, bis zu welcher Zeit von all den vorgeschickten
Bataillonen kein einziger Mann mehr aufrecht stehen würde. Jedoch
war es Notwendig, denn wenn der sächsische Hammer seine Aufgabe erfüllen
sollte, so mußte der preußische Amboß halten - auf dem
die franz. Truppen zerschmettert werden sollten.
Während also das XII. sächsische
Korps immer weiter gegen den rechten französischen Flügel bei
Roncourt und St.Privat vorrückte. Ersterer Ort wurde kurz nach 7
Uhr von den Sachsen genommen. Sodann wirkte sich das Artilleriefeuer der
Sachsen, der Garde und des III. Korps in dem durch franz. Truppen angefüllten
St. Privat überwältigend aus. Mauern und Gebäude stürzten
unter den einschlagenden Granaten zusammen und bald stiegen Feuersäulen
an mehreren Stellen aus den Trümmern empor. Inzwichen feuerte das
Regiment aus seinen errungenen STellungen auf die in und um St. Privat
in Deckung befindlichen Schützen des Feindes. Endlich um halb Acht
kam das Zeichen zum Angriff und vorwärts ging es gegen das brennende
Dorf.
Voran die Offiziere und die hoch
wehenden Fahnen, stürmten die Bataillone unter Trommelwirbel und
Hörnerklang gegen den Feind und bei sinkender Sonne war das Dorf
in den Händen der Deutschen. Die Füsiliere, 7. und 8. Kp. stürmten
die Ferme Jerusalem, während das I. Bat. wie die 5. und 6. Kp. in
ihrer gegen Amanvillers gerichteten Stellung vorläufig verbleiben
müssen. Die in das Dorf eingedrungenen Kompagnien des Regiments säubern
im Verein mit anderen Truppenteilen die Häuser und Gehöfte von
den teilweise noch hartnäckigen Widerstand leistenden Franzosen.
Die Masse des Gegners tritt einen fluchtartigen Rückzug an. Das Dorf
wurde zur Verteidigung eingerichtet. In den Abendstunden entwickelte sich
auf den Höhen von St. Privat ein düster ernstes Bild. Dichter
Pulverdampf lagerte über den Feldern und die Abendsonne brach blutrot
durch die dicke, dunstige, rauchgeschwängerte Atmosphäre. Hunderte
von Feuerschlünden erschütterten mit grollendem Donner die Luft
und ihre Geschosse verbreiteten beim Niederschlag mit ihren Sprengstücken
Tod und Verderben. In das Geknatter des Kleingewehrfeuers mischte sich
der knarrende Ton der Mitrailleusen, kuz, es war ein Schlachtenlärm,
der bald nachlasnsned bald sich wieder steigernd, eine wahre Höllenmusikverursachte.
Das weite Gefilde war bedeckt mit Toten und Verwundeten; hier bemühte
sich ein schwer verwundeter Infanterist sich fortzuschleppen, dort suchte
ein zu Tode getroffener Kanonier noch sein Geschütz zu erreichen;
wohin das Auge fiel, sah es die furchtbaren Spuren der Schlacht, die Zeugnis
ablegten, wie schwer der Kampf war. Jedoch mit dem stolzen Bewußtsein
bis in den Tod erfüllter Pflicht teilte das Regiment sofort dem Chef
mit, daß es im Kampf seinen Treueschwur gehalten und mit ihrem Blut
besiegelt habe.In einem vom 19. August datierten Brief an Seine hohe Gemahlin
würdigte Seine Majestät selbst das Regiment Königin durch
folgende Worte: "Dein Regiment soll sich brillant geschlagen
haben. Waldersee ist verwundet, ernst, aber nicht tödlich, wie man
sagt".
Sedan 01.09. - 02.09.1870
Während die I. und II. Armee unter Prinz Friedrich Karl Metz einschloß,
marschierte ein Teil der II. Armee unter dem Befehl des Kronprinzen Albert
von Sachsen, nunmehr Maasarmee genannt und die III. Armee gegen die französische
Armee von Mac Mahon vor. Das Gardekorps gehörte zur Maasarmee. Am
25. August erreichte beide Armeen der Befehl, nach Norden abzumarschieren.
Mac Mahon hatte sich in Chalons durch eine Reservearmee verstärkt
und versuchte, in einem weiten Bogen nach Norden abzumarschieren, die
deutschen Heere zu umgehen und an der belgischen Grenze entlang marschierend,
das Heer Bazaines in Metz zu entsetzen. Nun galt es im eiligen Marsche
durch das Waldgebirge der Argonnen den Feind festzuhalten, ehe er Metz
erreichen konnte. Am 30. August trafen die Spitzen der deutschen Armeendas
Heer Mac Mahons bei Beaummont und warfenden Feind nach Norden gegen die
belgischer Grenze. Während der langsamen Bewegung der Franzosen,
marschierten die Deutschen bis tief in die Nacht und brachen, wenn auch
hungrig und erschöpft, so doch siegesgewiß schon bei Morgengrauen
wieder auf.
Als die franz. Korps am Morgen des 01.September sich rings um die kleine
Festung Sedan aufstellten, half das Regiment nach anstrengendem Marsche
die Einschließung mit zu vollenden. Nach den schweren Verlusten
wurde das Regiment als Reserve eingesetzt, hatte aber trotzdem beim Vorrücken
und einem kleineren Gefecht bei Daigny einen Verlust von 2 Toten und 15
Mann an Verwundeten.
Le Bourget 30. Oktober 1870
Bis Ende Oktober hatten die Franzosen nie Anstrengungen
gemacht das Dorf zu erobern. Am 28. 10., um 5 Uhr früh, es war noch
dunkel und regnete, begann der Angriff der Franzosen.und um 10 Uhr war
das Dorf besetzt, bis dahin wurde es von der 7.Kp. verteidigt. Ein erster
Angriff zur Wiedererlangung des Dorfes durch das Regiment Franz scheiterte.
Das Oberkommando der Maasarmee aber gab den Befehl Le Bourget unbedingt
wieder zu erobern. Man war sich wohl bewußt das das Dorf in den
Händen der Franzosen, ihnen die Möglichkeit geben würde
sich hinter dem Dorf bequem zu sammeln und von hier aus irgend einen Punkt
der Linie Dugny - Sebran überraschend anzugreifen. Dagegen war das
Dorf in deutscher Hand zwar auf Dauer schwer zu halten, da es von den
umliegenden franz. Festungen beherrscht wurde, aber es war ein schützendes
Bollwerk, welches die Franzosen unbedingt zuerst erobern müßten,
wenn sie gegen den nördlichen Einschließungsring vorgehen wollten.
Trotzdem war das Dorf bis dahin nur als vorgeschobener Beobachtungsposten
angesehen worden und daher auch mit nur einer täglich wechselnden
Kompagnie besetzt, welche sich bei Gefahr zurückziehen sollte.
Am 30. Okt. wurden drei Sturmkolonnen gebildet. Es sollte
auf dem rechten Flügel das Regiment Franz von Dugny aus angreifen,
die Hauptkolonne, drei Bataillone Elisabether und das Füsilier-Bat.
des Regiments in der Mitte an der großen Starße von Lille
entlang und die linke Kolonne sollte das Dorf von Süden erstürmen.
Kurz vor 9 Uhr früh wurde zum Sturm angetreten.
Die Elisabether gelangten über das freie Feld unter
Führung des Divisionsgenerals v. Budritzki, dem ehem. Regiments-Kommandeurs
des Regiments Königin, die Barrikade die die große Straße
sperrte zu nehmen. Das Füs.-Bat. erstürmte gleichzeitig die
vordersten Häuser, des durch die Franzosen stark befestigten Dorfes,
östlich der Straße. Es wurde ein hartnäckiger Kampf um
jedes Haus und Gehöft. Unter persönlicher Führung ihres
heldenmütigen Regimentskommandeurs, des Grafen v. Waldersee, der
gerade aus dem Lazarett kommend aus eigenem Tatendrang das Gefecht mitmachte,
stürmten in kräftigen Anlauf die Füsilliere trotz des Kugelregens,
der ihnen aus den Schießscharten der Umfassungsmauern und aus der
Barrikade entgegensprühte, bis zum Dorfeingang vor.
Als die Mauern erreicht waren, schlugen die Pioniere Breschen,
durch welche ein Teil der Infanterie zum weiteren Sturm sich durchdrängte,
während der andere in der Front gegen die Barrikade vorging. Graf
v. Waldersee führte einen Teil der Füsiliere um das Dorf herum
und griff ein starkes Gehöft neben der Glasfabrik an. Er fiel in
dem Dorfgefecht, mehr meuchlerisch als im offenen Kampf. Als er in den
Hof eingedrungen war, richtete sich das Feuer von allen Seiten auf den
durch die vielen Orden auffallenden Offizier. Da schwenkten die Franzosen
weiße Tücher. Er näherte sich dem Hause, um mit den um
Gnade flehenden Bewohnern zu sprechen und erhielt aus eben diesem Haus,
auf 15 Schritt Entfernung, einen tödlichen Schuß. Hauptmann
von Trotha, der Führer des des Füsilier-Bat. wollte dem sterbenden
Kommandeur beispringen, aber auch ihn traf ein tödliches Geschoß.
Die Erbitterung der der Soldaten über solche Hinterlist war eine
ungeheure. Sie drangen durch Einschlagen einer Seitenwand in das Gehöft
ein und schlugen mit Fäusten und Gewehrkolben um sich und nur mit
Mühe konnte das Leben der sich nun ergebenden Franzosen geschont
werden. Nach 12 Uhr war das Dorf vollständig in den Händen der
Garde.
Wirtshausschild aus Le Bourget und während des
Feldzuges eroberte Fahnen des Gegners
...wird fortgesetzt...
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